Mit dem Holz-Naturfaser-Pavillon und dem Aussichtsturm kommen die letzten Bauprojekte für die Landesgartenschau 2024 in die Umsetzung, wie Oberbürgermeister Michael Lang sagte. Zwar habe die Öffentlichkeit am meisten über den Turm diskutiert. „Der eigentliche Star ist jedoch der Holz-Naturfaser-Pavillon“, sagte er. Wenn dieser auf der Argenwiese stehe, werde man sehen, welche Faszination von diesem Gebäude ausgeht.
Insbesondere für die Bauwirtschaft sei dieses Projekt interessant, das gemeinsam von der Landesgartenschau mit dem Landkreis Ravensburg, der Kreissparkasse Ravensburg und der Universität Stuttgart sowie mit Unterstützung des Landes Baden-Württemberg ausgeführt wird. Denn Flachs wächst innerhalb eines halben Jahres und steht dann vergleichsweise schnell als Baustoff zur Verfügung.
Holz-Naturfaser-Pavillon nachhaltig und effizient
Der Holz-Naturfaser-Pavillon zeigt eine nachhaltige, ressourceneffiziente Alternative zur konventionellen Bauweise und ist daher ein wichtiger Meilenstein in Richtung Nachhaltigkeit im Bau. Der Pavillon ist das Ergebnis langjähriger Forschung des Exzellenz-Clusters „Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung“ von Professor Achim Menges sowie von Professor Jan Knippers, Leiter des Instituts für Tragkonstruktionen und konstruktives Entwerfen an der Uni Stuttgart.
Welt-Neuheit
„Dieser Pavillon ist das erste Gebäude weltweit, das auf diese Weise mit Naturfasern arbeitet“, sagte Professor Jan Knippers. Dabei habe es besondere Herausforderungen zu meistern. „Im Vergleich zu Stuttgart muss der Pavillon eine fünfmal höhere Schneelast aushalten“, sagte er. Die Flachskonstruktion, die in einem computergestützten Wickelprozess hergestellt wird, bietet den Halt für eine dünne Holzplatte. Sie gibt in geschwungener Form dem Gebäude seine charakteristische Silhouette. Dieser Pavillon sei ein wichtiger Schritt hin zu einer klimaneutralen Bauweise, sagte Knippers.
Hausherr Landrat Harald Sievers nannte den offiziellen Spatenstich einen „Festtag“ auch für den Landkreis Ravensburg, der nun schon ganz nahe an die Eröffnung heranrücke. Er lobte das Projekt der Stadtentwicklung in rund um ERBA/Auwiesen. „Nun sind wir auf den letzten Metern. Die Landesgartenschau biete für die Stadt Wangen und den Landkreis eine tolle Chance, sich als Gastgeber zu präsentieren“, sagte Sievers.
Gärten und Landkreistisch mit 40 Stühlen
Der Pavillon des Landkreises wird ergänzt durch einen Moorgarten, einen Biodiversitätsgarten und einen Naschgarten. Sie nehmen sich der Themen Energie, Biodiversität und Nachhaltigkeit an. „Ich hoffe auf einen tollen Sommer, so dass die Erträge reichlich genascht werden können“, sagte Landrat Sievers. Der Landkreis investiert in das Landesgartenschau-Projekt eine Million Euro.
Auf der anderen Seite des Holz-Naturfaser-Pavillons wird es den Landkreistisch mit 40 Stühlen geben. Er bietet 39 Städten und Gemeinden aus dem Landkreis und dem Landkreis selber einen Treffpunkt. Landrat Sievers hofft darauf, dass nicht nur die Bürgermeisterkonferenz an diesem Tisch stattfinden wird, sondern sich viele Gruppen aus dem Landkreis dort treffen. An Freitagabenden organisiert der Landkreis eine Konzertreihe, für die sich noch Nachwuchsbands melden können. „Ich freue mich auf die Landesgartenschau und habe großes Zutrauen, dass wir hier vom ersten Tag an die Menschen empfangen können“, sagte er.
Zusammengefügt werden die Holzteile und die Naturfasern in einem Betrieb in Bodnegg, der schon einige Erfahrung im Umgang mit dem Baustoff Carbon hat, wie der Projektleiter Hubert Meßmer von der Landesgartenschau erläuterte. In ca. vier Wochen werden diese Elemente geliefert und auf die Bodenplatte aufgebaut.
Leuchtturmprojekt Aussichtsturm
Auch mit dem 22 Meter hohen Aussichtsturm begeben sich die Stadt Wangen im Allgäu als Bauherr und die Universität Stuttgart auf neues Terrain. Der Turm besteht aus einer Holzkonstruktion aus 12 Zentimeter dünnen, gekrümmten Platten. Diese entstehen durch das Verkleben von feuchten Holzlamellen. Durch den Trocknungsprozess verziehen sich die Platten in die vorgesehene Form, wie Professor Knippers erläuterte. Er dankte allen Kollegen, Firmen und dem Bauherrn, „dass er solch innovatives Bauen ermöglicht.“
Vier Punkte sprechen für den Aussichtsturm
OB Lang erläuterte an vier Punkten, weshalb er den Bau des Aussichtsturms an dieser Stelle für richtig erachtet. Die Besucher der Landesgartenschau erwarten, dass sie den Hochgrat und den Säntis sehen. Im Gelände der Landesgartenschau sei dies sonst nirgends möglich. Beide Berge zeigten sich übrigens beim offiziellen Baustart in voller Schönheit. Während der Landesgartenschau könne die Fläche um den Turm für die Präsentation der Landwirtschaft im Allgäu genutzt werden.
Zudem müsse man die Frage beantworten, wie die Menschen auch über das Jahr 2024 hinaus an das Gelände gebunden werden könnten. Neben dem Argenstrand, einem Kaffee und den Spielplätzen biete auch der Aussichtsturm dauerhaft eine Attraktion, damit Menschen den Park frequentierten. Nicht zuletzt sei er ein Mittel, um Touristen in der Stadt noch mehr als die schöne Altstadt zu bieten und sie zum Bleiben zu animieren.
Symbolischer Spatenstich und das Versenken einer Plombe
Während für den offiziellen Baustart des Pavillons vor der Kulisse von zwei Baggern zu Spaten gegriffen wurde, versenkte OB Lang am Aussichtsturm eine Plombe. Sie wurde von ihm vor Ort mit der aktuellen Ausgabe der Schwäbischen Zeitung, einem Landesgartenschau-Magazin, Flyern und den Plänen für das Bauwerk gefüllt. Zusammen mit dem Fundament sollte diese Plombe am Mittwoch betoniert werden. Um Nachhaltigkeit geht es auch hier: Verwendet wird dafür Recycling-Beton. Projektleiter Hubert Meßmer wies darauf hin, dass für einen Turm eine starke Basis geschaffen werden müsse, denn nicht nur gegen Schnee, sondern auch gegen starke Winde müsse er standhalten. In etwa vier Wochen sollen die sechs Bauteile für den Turmaufbau geliefert werden. Sie werden zunächst um eine Hilfskonstruktion aufgebaut. Wenn der Turm steht, wird die Stahlspindeltreppe abschnittsweise eingebaut.
Während rund um den Landkreis-Pavillon eine intensiv genutzte Parkfläche mit Strandbar, Bühne, Gärten und einem der drei großen Landesgartenschau-Spielplätze angelegt sein wird, säen die Macher der Gartenschau die Fläche rund um den Turm wieder mit Wiese an.
Daten und Fakten zum Pavillon
- Dachfläche: 447 qm (inkl. Dachüberstand)
- Fassade Patio: 70 qm
- Fassade Pavillon außen: 236 qm
- Grundfläche: ca. 380 qm
- Durchmesser: ca. 25 Meter
- 20 Holz-Naturfaser-Hybridträger als tragende Dachkonstruktion
- Naturfaser aus Flachs, natürlich, erneuerbar, biologisch abbaubar, regional verfügbar
- Fassade: Stahl-Glasfassade, 2-fach-Wärmeschutzverglasung
- Herausforderung für die Tragkonstruktion aus den Naturfaser-Hybridträger sind die sehr hohen Schneelasten im Allgäu.
- Temperierung Innenraum: Erdwärmesondenanlage, 2 Sonden je ca.90 Meter tief,
thermisch aktivierte Bodenplatte - Fundamente und Bodenplatte aus Recyclingbeton und CO2-reduziertem Zement
- Gründung: Flachgründung
- Kosten Forschungsprojekt: 1,65 Mio. € netto
- Bauzeit: Dezember 2023 bis April 2024
Daten und Fakten zum Aussichtsturm
- Höhe ca. 22 Meter
- Grundfläche ca. 50m²
- Fundament aus Recyclingbeton und CO2-reduziertem Zement
- Gründung: Flachgründung
- Selbstformende Brettsperrholzkonstruktion,
gebogene Holzbauteile aus kreuzweise verleimten Hölzern - Baukosten Forschungsprojekt: 2,2 Mio. € brutto
- Bauzeit: Januar 2024 bis März 2024
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